Diskussion des Expressgelds

Wir haben auf den Expressgeld-Vorschlag viele Fragen und Anregungen erhalten, die wir im Folgenden beantworten. Zum Verständnis ist es besser, wenn Sie zuerst die Expressgeld-Studie selbst lesen, damit Sie die Gesamtidee verstehen können. Die folgenden Fragen behandeln weiterführende Details.

1. Vier Möglichkeiten für Griechenland - Eine eurogedeckte und umlaufbeschleunigte Komplementärwährung ist der beste Weg

Welche verschiedenen Möglichkeiten hat Griechenland jetzt?

Antwort: Angesichts der Neuwahlen in Griechenland am 17. Juni ist die Zukunft Griechenlands im Euro wieder offen. Dabei ist die Frage "Euro oder Drachme" falsch gestellt, denn es gibt konstruktive Wege dazwischen. Viele Volkswirte haben inzwischen für Griechenland die Einführung einer Parallelwährung in verschiedenen Modellen vorgeschlagen. Griechenland hat jetzt vier Möglichkeiten:

1. Lange Durststrecke durch Umsetzung der Sparmaßnahmen:

Bei Einhaltung des Konsolidierungsplanes würde Griechenland weiterhin die Unterstützung der EU, der EZB und des IWF erhalten, zahlungsfähig bleiben und zusätzlich Gelder aus dem EU-Strukturfonds erhalten, die etwa 2% des Bruttosozialprodukts ausmachen. Doch trotz aller staatlichen Sparmaßnahmen werden die Schuldenberge weiter wachsen, die Rezession mindestens zwei Jahre andauern, die Arbeitslosigkeit auf einem hohen Niveau verharren und die Verarmung weiter zunehmen. Damit sinken die Löhne weiter, was notwendig ist, um die Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen. Dies alles führt zu einer Verbitterung und Radikalisierung in der Bevölkerung, die keinen Aufschwung erlebt.

2. Chaotischer Zusammenbruch durch Austritt aus dem Euro:

Wenn die neue Regierung das mit EU, EZB und IWF vereinbarte Rettungspaket kündigt oder nicht weiter umsetzt, werden die Hilfszahlungen ganz oder teilweise gestoppt. Zunächst würde der griechische Staat zahlungsunfähig und könnte Gehälter, Renten, Lieferanten und den Schuldendienst nicht mehr bezahlen. Aufgrund der Zahlungsunfähigkeit akzeptiert die EZB griechische Staatsanleihen nicht mehr als Kreditsicherheit und damit sind alle griechischen Banken von der Geldversorgung abgeschnitten und pleite. Gleichzeitig beginnt ein panikartiger Bank-Run und Geldtransfer ins Ausland. Es wird so chaotisch, dass der Staat nur mit einer zeitweiligen Sperrung der Grenzen, Einfrieren aller Konten und Wiedereinführung der Drachme reagieren kann und Griechenland gleichzeitig aus dem Euroraum und der EU austreten muss. Alle bestehenden Euroguthaben werden zwangsweise in Drachme getauscht. Diese wird vermutlich bis zu 50% gegenüber dem Euro abwerten, womit sich der Preis für alle Importwaren verdoppelt. Die Bevölkerung hat über Nacht einen großen Einkommensverlust, Außenhandel ist nur noch gegen Barzahlung möglich, Unternehmen haben Schwierigkeiten Rohstoffe und Vorprodukte aus dem Ausland zu finanzieren. Das griechische Bruttoinlandsprodukt würde nach Schätzungen um weitere 20% einbrechen. Zwar würde langfristig die griechische Wirtschaft durch die starke Abwertung profitieren, doch zunächst müsste der schockartige Einbruch verdaut werden.

Da der griechische Staat keine Euro mehr zur Verfügung hat, stehen alle ausländischen Gläubiger vor einem weiteren radikalen Schuldenschnitt. Deshalb gibt es Schockwellen in den internationalen Finanzmärkten. Allein Deutschland würde ein Austritt bis zu 80 Mrd. Euro kosten. Vor allem aber könnte der Austritt Griechenlands einen Dominoeffekt auslösen mit verheerenden ökonomischen und sozialen Folgen für die gesamte Eurozone.

3. Mehr Wettbewerbsfähigkeit durch eine stark abgewertete Parallelwährung

Ein Euroaustritt mit seinen negativen Wirkungen könnte vermieden werden, wenn der Euro und eine neue Parallelwährung gleichzeitig gelten. Dies schlug zum Beispiel der polnische Notenbankchef Marek Belka und der Chefvolkswirt der Deutschen Bank Thomas Mayer vor, der sie "Geuro" nennt. Parallelwährungen für Griechenland wird unter Volkswirten seit Monaten diskutiert. (Alle Konzepte sind hier dokumentiert).

Die Kernidee ist, dass der Staat beginnt ganz oder teilweise seine Ausgaben in Schuldscheinen bzw. einer neuen Parallelwährung zu bezahlen. Entsprechend weniger Euro-Hilfskredite benötigt er. Die Parallelwährung könnte entstehen durch Schuldscheine des Staates, eine neue Notenbank oder durch Verbriefungen staatlichen Eigentums.

Trotz der Einführung der Parallelwährung bleiben die bestehenden Eurokonten unangetastet, so dass ein Bankrun und Panik in der Bevölkerung vermieden und die Ersparnisse geschätzt werden. Der neue Geuro ist gegenüber dem Euro frei konvertierbar und wird deshalb vermutlich bis zu 50% abwerten. In Griechenland würden die Waren also doppelt ausgezeichnet, Preis in Euro und aktueller Preis in Geuro. Ausländische Waren werden für die Griechen entsprechend teurer, Exporte aus Griechenland aber wesentlich billiger, was langfristig die Wettbewerbsfähigkeit verbessert und der exportierenden griechischen Wirtschaft und dem Tourismus Aufwind gibt. Gleichzeitig steigt die Inlandsnachfrage, denn ausländische Waren werden unbezahlbar. Daraus ergeben sich notwendige Wachstumsimpulse für die griechische Wirtschaft.

Da aber alle bestehenden in- und ausländischen Kredite in Euro lauten und deshalb durch die abgewerteten Geuro-Einkommen nicht mehr bedient werden können, müssen diese anteilig per Gesetz auf Geuro umgeschrieben werden. Für ausländische Gläubiger bedeutet dies ein Verlust, es sei denn der Geuro würde im Laufe der Jahre durch eine gute Haushalts- und Wirtschaftspolitik wieder an den Euro anschließen. Da sich die griechischen Banken in Euro refinanziert haben, aber jetzt Geuro-Kredite haben, müssen sie hohe Abschreibungen vornehmen, die sie selber nicht verkraften können und müssen deshalb nochmal von der EU und der EZB gestützt werden.

Durch eine frei konvertierbare Parallelwährung würden also die katastrophalen Folgen eines Euro-Austrittes vermieden. Die drastische Abwertung trifft zunächst Kunden und Unternehmen und macht große Probleme mit bestehenden Euro-Krediten, doch langfristig wird die Wettbewerbsfähigkeit der griechischen Wirtschaft verbessert. Der Aufschwung wäre absehbarer und Griechenland könnte früher aus dem Schutz der Rettungsschirme entlassen werden. Deshalb ist diese Variante für die anderen Euroländer vermutlich billiger als die beiden obigen Varianten. Griechenland hätte Zeit sich zu entwickeln, bis irgendwann der Geuro nicht mehr notwendig ist.

4. Konjunkturmotor und sanfter Weg mit Expressgeld

Die Komplementärwährung, die von Christian Gelleri und Thomas Mayer (einem Namensvetter des Deutsche Bank Chefvolkswirtes) in der Studie "Expressgeld statt Euroaustritt" entwickelt wurde, ist anders konstruiert. Die Autoren gründeten vor zehn Jahren den Chiemgauer, das größte Regiogeld Deutschlands und übertragen diese Erfahrungen auf Griechenland.

Das Expressgeld ist an den Euro gekoppelt und durch hinterlegte Euro gedeckt und wird vom Staat zusammen mit der Notenbank in Umlauf gebracht. Bei einem Rücktausch von Expressgeld in Euro fällt eine Umtauschgebühr (Abflussbremse) von 10% an. Damit wird erreicht, dass das Geld im Land bleibt und das Expressgeld gegenüber dem Euro etwas abgewertet ist, was der griechischen Wirtschaft nützt. Dieser feste Wechselkurs ist für Unternehmen klar kalkulierbar und für die griechische Bevölkerung verträglich. Durch die feste Koppelung an den Euro müssen keine Eurokredite umgeschrieben werden, entsprechend fallen keine weiteren Abschreibungen bei griechischen Banken an. Griechenland kann vollwertiges Mitglied des Eurosystems bleiben, die griechische Notenbank hat nur die Zusatzaufgabe Euro in Expressgeld zu tauschen. Für die Deckung des für Griechenland notwendigen Expressgeldes sind etwa 13 Milliarden Euro notwendig, diese müssen nicht extra finanziert werden, der Staat wechselt Euro in Expressgeld und bezahlt damit seine Ausgaben.

Neben der Eurodeckung und Abflussbremse ist das Expressgeld vor allem mit einem Umlaufimpuls versehen. Durch eine Nutzungsgebühr von 8% im Jahr wird der Geldfluss beschleunigt, was die Wirtschaft antreibt. Die Grundidee ist: Wenn kein zusätzliches Geld in die Wirtschaft eingeführt werden kann, weil es nicht da ist oder sofort wieder abfließt durch Importe oder Geldflucht, muss man das vorhandene Geld besser nutzen (Liquiditätsoptimierung). Wenn alle Beteiligten ihr Verhalten ändern und das Geld schneller ausgeben, wird die Binnennachfrage massiv gestärkt und Griechenland könnte nach Berechnungen schnell aus der Rezession herauskommen. Eine Verdoppelung der Umlaufgeschwindigkeit des Geldes, soweit es in der Realwirtschaft bleibt und freie Kapazitäten vorhanden sind, führt zu einer Verdoppelung des Bruttosozialproduktes.

Das Expressgeld fügt sich also nahtlos in das Eurosystem und die bestehenden Vereinbarungen mit der Troika ein. Es gibt keine Probleme mit Eurokrediten. Durch eine 10%-Abwertung wird die Wettbewerbsfähigkeit Griechenlands verbessert und der Umlaufimpuls initiiert ein starkes Wirtschaftswachstum, das zu neuen Arbeitsplätzen und mehr Steuereinnahmen führt. Den anderen Parallelgeld-Konzepten fehlt dieser Konjunkturmotor, das Wachstum soll durch eine schmerzende Abwertung entstehen. Dagegen vermeidet das Expressgeld alle finanziellen Schocks und weitere Verbitterung der Bevölkerung und ist deshalb der sanfteste Weg zu einem Aufschwung.

2. Zur praktischen Einführung des Regios:

"Wieviele Regios müßten am Beispiel Griechenland insgesamt herausgegeben werden? Und wieviele Euros sind zur Deckung notwendig?"

Antwort: Laut Wikipedia hatte Griechenland 2010 ein Bruttoinlandsprodukt von 230,17 Mrd. Euro. Der Staat verbuchte rund 90 Mrd. Euro Einnahmen, dem gegenüber standen 114 Mrd. Euro Staatsausgaben. Das Staatsdefizit belief sich auf über 24 Mrd. Euro beziehungsweise 10,5 % des BIP. Die Staatsquote war 49,5%.

Angenommen, dass der griechisches Staat alle inländischen Ausgaben in Regio begleicht und dass geschätzt 66% der Staatsausgaben ins Inland gehen, sind das 6,27 Milliarden Staatsausgaben in Regio jeden Monat. Von diesen ausgegebenen Regios bekommt der Staat durch Steuern und Abgaben laufend welche zurück. Wenn von den 6 Mrd. Regio des ersten Monats zu Beginn des zweiten Monats die Hälfte zurückkommen, dann müssen im zweiten Monat nochmal 3 Mrd. nachgeschoben werden und im dritten Monat nochmal 1,5 Mrd. Vermutlich reicht also die Herausgabe von insgesamt 10 bis 15 Milliarden Regio, um den volkswirtschaftlichen Geldfluß? abzudecken. Dafür muß? der Staat bei der Notenbank 9 bis 13,5 Milliarden Euro hinterlegen.

Diese muß der Staat aber nicht extra finanzieren, er kann dafür das laufende Budget benützen. Anstatt die Euro auszugeben, überweist er diese an die Zentralbank, wechselt sie in Regio und bezahlt damit seine Ausgaben.

 

"Wenn die Banken automatisch Regiokonten und Regiokarten ihren Kunden einrichten sollen, was würde das kosten?"

Antwort: Wir haben keine Möglichkeit die Kosten seriös abzuschätzen. Die Einrichtungskosten der Banken sollten in jedem Fall durch die Einnahmen des Umlaufimpulses finanziert werden, so dass es für die Banken kostenneutral ist.

3. Zur Deckung des Regios in Euro:

"Warum ist eine Deckung des Regios in Euro notwendig? Der Staat könnte einfach Schuldscheine herausgeben und sich somit bei seinen Bürgern verschulden. Das wäre billiger als Kredite auf dem Finanzmarkt aufzunehmen."

Antwort: Wir schlagen eine Deckung des Regios durch Euro vor, damit alle Beteiligten dem Regio nachhaltig vertrauen. Wenn bei der Notenbank für jeden Regio tatsächliche Euros hinterlegt sind, dann behält der Regio seinen Wert, auch wenn zum Beispiel der griechische Staat zahlungsunfähig wird. Dagegen würden Schuldscheine des Staates bei einer Zahlungsunfähigkeit mehr oder weniger wertlos, weshalb schon im Vorfeld niemand mehr die Schuldscheine annehmen wollte.

Ohne eine Eurodeckung wird es kaum möglich sein, einen festen Wechselkurs (abzüglich der Abflussbremse) zwischen Regio und Euro durchzusetzen, sondern der Regio würde gegenüber dem Euro vermutlich bis zu 50% abwerten und in Geschäften würden unterschiedliche Preise für Euro oder Regio verlangt werden. Für alle Bezieher von Gehältern in Regio wäre das ein extremer Einkommensverlust. Diese Verarmung würde zu großen sozialen Spannungen führen und es gäbe eine Spaltung der Gesellschaft in Euro- und Regiobesitzer.

Die Herausgabe von Schuldscheinen hilft auch nur begrenzt zur Schuldenentlastung. Wir erwarten dass Griechenland zwischen 10 bis 15 Milliarden Regio benötigt, um die Binnenwirtschaft abzudecken. Das heißt, das wäre theoretisch auch die maximale Anzahl von Schuldscheinen, die der Staat herausgeben könnte.

 

"Einen festen Wechselkurs zwischen Regio und Euro mit 10% Abschlag wird nicht zu halten sein. Der Abwertungdruck zwischen der Eurozone und Griechenland ist viel größer."

Antwort: Der Regio ist keine eigenständige Währung, sondern eine Nebenwährung des Euros, deshalb gibt auch keinen "festen Wechselkurs" im herkömmlichen Sinne. Da jeder Regio mit Euro hinterlegt ist, kann jederzeit und ohne Probleme gewechselt werden. Ein unüberwindbarer Abwertungsdruck entsteht immer dann, wenn einer Notenbank bei einer großen Währungsflucht die Fremdwährungsreserven ausgehen. Das ist bei unserem vorgeschlagenen Expressgeldkonzept nicht möglich, da bei der Notenbank zuerst entsprechend viele Euros hinterlegt werden müssen, bevor Regio herausgegeben wird. So kann gar kein Marktdruck auf den Regio entstehen, Währungsspekulanten können hier keine Geschäfte machen.

Wenn die Regios in großem Stil in Euros getauscht würden, dann heißt das nur, dass der griechische Staat höhere Einnahmen durch die Abflußbremse hat und er letztlich mehr Steuern in Euros einnimmt, die er dann wieder in Regio umtauschen und in Umlauf bringen kann.

 

"Was geschieht mit den für das Expressgeld hinterlegten Euros? Wenn diese von der Zentralbank angelegt werden, führt das doch zu einer Vergrößerung der Geldmenge, da die Regios ja auch im Umlauf sind."

Antwort: Die hinterlegten Euro bleiben bei der jeweiligen nationalen Zentralbank auf einem Konto stehen. Damit sind sie nicht im Umlauf, sondern stillgelegt, die kaufkräftige Geldmenge (M1) vergrößert sich dadurch nicht.

 

4. Zur Akzeptanz des Regios:

"Ist es für die Menschen nicht zu kompliziert, mit zwei Währungen gleichzeitig umzugehen?"

Antwort: Nein, in vielen Regionen und Ländern werden zwei Währungen benützt und damit kommt jeder zurecht. Zum Beispiel haben viele Schweizer und Deutsche in der Grenzregion immer Euro und Schweizer Franken im Geldbeutel. Alle Geschäfte nehmen beide Währungen an, wenn auch zu schlechten Wechselraten. Bei dem von uns vorgeschlagen Expressgeld muß nicht einmal umgerechnet werden, da der Regio eurogedeckt ist.

Oder zum Beispiel sind in Uruguay der Peso und der US-Dollar gebräuchlich. Die Geschäfte nutzen beide Währungen zum Zahlungsverkehr, wobei Importgüter eher in Dollar und Binnenprodukte eher in Peso ausgeschrieben werden. Der Wechselkurs beider Währungen ist nicht festgesetzt, hält sich aber stabil. Natürlich gibt es einen gesetzlichen Annahmezwang, das heißt jeder kann fordern, mit Peso zu bezahlen.

 

"Ist es wirklich notwendig den Regio per Gesetz zum gesetzlichen Zahlungsmittel zu erklären?"

Antwort: Ein Gesetz wäre rechtlich klarer und damit insbesondere strittigen Rechtsfragen vorteilhafter. Für die allgemeine Akzeptanz des Regios ist es aber nicht notwendig. Diese wird schon damit erreicht, dass der Staat die Volkswirtschaft mit Regio flutet und konsequent alle inländischen Zahlungen damit vollzieht. Angesichts der Menge der umlaufenden Regios, der Möglichkeit Steuern und Abgaben damit zu bezahlen und der Möglichkeit Regios in Euros umzutauschen wird sie jeder aktzeptieren anstatt auf Umsätze zu verzichten.

 

"Wie geht man mit bestehenden Lieferverträgen um, die in Euro ausgestellt sind."

Antwort: Der Regio gilt wie Euro. Deshalb werden alle Verträge mit inländischen Firmen in Regio bezahlt, ausländische Firmen erhalten weiterhin Euro. Für die Fälle, dass inländische Lieferanten eine sehr hohe Importquote haben und damit die Regios nicht im Inland ausgeben können, sondern in Euro tauschen und die 10%-Abflussbremse voll bezahlen müssen und somit effektiv 10% weniger erhalten, können in Ausnahmefällen Sonderregelungen getroffen werden. Dies ist eine der strittigen Grenzfragen, für das eine gesetzliche Regelung des Regio sehr sinnvoll ist.

 

"Ich verstehe, dass jeder möglichst schnell die Regio loswerden möchte, aber können andere nicht die Annahme verweigern, oder nur gegen Abschlag annehmen? Wenn Regio second-class money ist, dann will das doch keiner haben, wie in den 1990er Jahren den Real in Brasilien, wo man in gewissen Kreisen nur in Dollar zahlte ..."

Antwort: Da der Staat Regios 1 zu 1 akzeptiert wird der Regio seinen vollen Wert behalten, denn jeder hat damit ausreichend Möglichkeiten, eingenommene Regios wieder auszugeben. Da die Banken offiziell und unbegrenzt Regios in Euros tauschen gibt es keinen Raum für einen Schwarzmarkt. Jeder der Regio aktzeptiert, weiß dass er diese abzüglich der Abflußbremse in Euros umwechseln kann. Und warum sollte ein Regiobesitzer auf einem Schwarzmarkt weniger Euros aktzeptieren, als er bei der Bank erhält?

 

"Die Griechen leiden ja derzeit darunter, dass sie kaum noch Geld zum Ausgeben haben. Würde da ein Expressgeld, das nach und nach an Wert verliert, nicht eher noch zu größerer Verunsicherung führen?"

Antwort: Für die Menschen, die kaum Geld haben, ändert sich nichts. Da sie die monatlichen Einkünfte sowieso innerhalb kurzer Zeit für den Lebensunterhalt ausgeben müssen, fällt nur ein minimaler Umlaufimpuls an. Diesen können sie reduzieren , indem sie das Geld noch schneller ausgeben. Wer den Umlaufimpuls ganz vermeiden will, braucht das Expressgeld nur langfristig angelegen (Kündigungsfrist über einem Jahr), denn dann fällt kein Umlaufimpuls mehr an. Für alle bestehenden Eurokonten oder Euro-Barbestände ändert sich sowieso nichts.

Wichtig ist natürlich, dass das Expressgeld in der Öffentlichkeit breit und positiv erklärt und mit einer Aufbruchstimmung versehen wird. Das Expressgeld ist ein Weg zur Selbsthilfe und für Arbeitsplätze. "Wenn wir alle das Geld schneller ausgeben, kann unsere Wirtschaft wieder wachsen!" Das Expressgeld bleibt im Land und Griechenland wird unabhängiger von ausländischen Geldgebern, etc..

Eine gute Idee ist, bei der Einführung des Expressgeldes eine Sonderzulage von z.B. 20% auf die monatlichen Renten und Gehälter auszubezahlen. Dies könnte der Staat durch die Einnahmen der Abflußbremse finanzieren und würde ein positives Signal setzen und die Akzeptanz sicherlich verbessern.

Für eine reibungslose Einführung ist es notwendig, möglichst viele Parteien und Organisationen in Griechenland einzubinden. Wenn bisherige Kritiker der Sparmaßnahmen in Griechenland wie z.B. das linke Parteienbündnis Syriza das Expressgeld unterstützen, wird keine größere verunsichernde öffentliche Kampagne gegen das Expressgeld entstehen. Bei der Einführung des Expressgeldes ist also die Mitnahme der wichtigsten Mulitplikatoren in Griechenland ein entscheidender Schritt.

5. Zur Abflußbremse:

"Warum gibt es eine Abflußbremse und keinen freigegebenen Wechselkurs zwischen Regio und Euro?"

Antwort: Das Expreßgeld ist ein Nebengeld zum Euro und keine eigenständige Währung.

Ein offizieller Wechselkurs zwischen Euro und Regio in Form der Abflußbremse ist auch notwendig, um einen Schwarzmarkt zu verhindern, wie wir es beim Schweizer WIR oder argentinischen Creditos beobachten können mit sehr schlechten Wechselraten (z.B. 50%) und möglicherweise einer Kriminalisierung der Handelspartner.

Wir wollen eine dosierte und kalkulierbare Abwertung des Regios gegenüber dem Euro (durch die 10% Abflußbremse) und keine extreme und schwankungsanfällige Abwertung. Eine hohe Abwertung von z.B. 50% bedeutet, dass alle Importwaren gegenüber dem Regio doppelt so teuer werden. Das würde zu einer weiteren Verarmung großer Teile der Bevölkerung mit Regio-Einkommen führen, während die Eurobesitzer die Gewinner sind. Bei einer so starken Abwertung könnten viele Kredite und Auslandsschulden, die in Euro lauten nicht mehr bedient werden, was großen finanzieller Streß und weitere Bankenrettungen bedeuten würde.

Bei freigegebenen Wechselkursen profitieren private Unternehmen von den Schwankungen, dagegen fließen die Einnahmen der von uns vorgeschlagenen Abflußbremse vollständig an den Staat.

 

"Ist eine AbfluÃ?bremse von 10% nicht zu klein?"

Antwort: Wir schlagen eine Abflußbremse von 10% vor, um doppelte Preisauszeichnungen zu verhindern. Rechnungen sollten zum selben Betrag in Euro oder Regio bezahlt werden können. Da die Unternehmen Regios weitergeben können und nur zu einem geringen Anteil in Euros tauschen müssen, müssen sie die 10% Abflußbremse nur zum Teil tragen, so dass sie Euros oder Regios zum selben Rechnungsbetrag akzeptieren werden. Die tatsächliche Mehrbelastung durch die Akzeptanz von Regio wird der Gewährung von Skonto oder den Mehrkosten durch Kreditkartengebühren entsprechen. Wenn aber die Abflußbremse zu hoch wird, zum Beispiel 20%, und für Unternehmen die tatsächliche Mehrbelastung bei zum Beispiel 10% liegt, werden sie unterschiedliche Preise bei Euro oder Regio verlangen.

 

"Ich versteh nicht, warum die Regierung schon bei der Ausgabe des Regios 10% mehr Liquidität erhält und nicht erst, wenn jemand den Regio gegen Euro zurücktauscht?"

Antwort: Da wegen der Abflußbremse die Zentralbank beim Rücktausch für 100 Regio nur 90 Euro einwechselt, kann sie auch schon bei der Herausgabe der Regios an den Staat 100 Regio ausbezahlen, auch wenn der Staat nur 90 Euro hinterlegt.

 

"Wenn die Regierung ihre Angestellten und Lieferanten nur in Regio bezahlt, sind diese bis zu 10% schlechter gestellt als die andern. Seh ich das richtig?"

Antwort: Nein, wenn die staatlichen Angestellten und Lieferanten die Regios im Inland ausgeben ändert sich nichts, nur wenn sie die Regios in Euros umwechseln (z.B. für Auslandsreisen oder Importe) verlieren sie 10%. Und da der Staat alles im Inland mir Regio bezahlt werden auch die privaten Unternehmen folgen und die Löhne in Regio zahlen, da sie die eingenommenen Regio wieder ausgeben wollen. Staatliche Angestellte werden also letztlich nicht schlechter gestellt sein als Angestellte der Privatwirtschaft.

 

"Die Menschen in Griechenland sind nach den Lohnkürzungen und der hohen Arbeitslosigkeit sehr verunsichert. Zur Akzeptanz des Regiogeldes würe es besser, wenn der Staat die 10% Gewinn durch die Abflußbremse weitergeben würde."

Antwort: Ja, das ist möglich und zur Markteinführung eventuell eine gute Idee. Jedoch kann es nur eine einmalige Zahlung sein, z.B. in Hähe von 20% eines Monatsgehaltes. Denn je mehr Steuereinnahmen der Staat in Regio hat, umso weniger neue Regios müssen eingetauscht werden und entsprechend geringer sind dann die Einnahmen durch die Ablußbremse.

 

"Auf Seite 3 des Konzeptes wird 10% Abflußbremse vorgeschlagen, auf Seite 10 dagegen 15%. Warum?"

Antwort: Auf Seite 10 wird der Fall beschrieben, dass sich die Krise so zugespitzt hat, dass der Austritt von Griechenland aus dem Euroraum kurz bevorsteht. Das könnte in letzter Minute durch ein Expressgeld abgewendet werden. Da jedoch in diesem Fall die wirtschaftlichen Spannungen sehr stark zugenommen haben, halten wir gegebenenfalls eine höhere Abflußbremse von mindestens 15% für notwendig. In einer entspannteren Situation sollte 10% ausreichen.

 

"Die Regionalisierung über Abflussbremsen wirkt wie eine protektionistische Maßnahme, die dem Freihandelsgedanken des europäischen Binnenmarktes zuwiderläuft."

Antwort: Alle Volkswirtschaften haben natürliche Ungleichgewichte und unterschiedliche Entwicklungszeiten, die durch Kultur, Mentalität, Bildung, Infrastruktur, Rohstoffe, Klima und viele weitere Faktoren bedingt sind. Diese Ungleichgewichte balancieren sich normalerweise durch die Wechselkurse und unterschiedliche Inflationsraten aus. Das ist im Eurosystem nicht mehr möglich.

Ein Freihandel funktioniert langfristig aber nur, wenn die Handelsbilanzen zwischen den Eurostaaten ausgeglichen sind, doch das ist nicht der Fall. Andauernde hohe Handelsbilanzdefizite führen in die Schuldenfalle und Verarmung. Staatliche Regiogelder mit Abflussbremsen sind ein sehr wirkungsvolles Mittel, ungleiche Volkswirtschaften auszugleichen, so dass der Freihandel langfristig überhaupt möglich ist. Insoweit beseitigen Abflussbremsen einen Konstruktionsfehler des Eurosystems.

Grundsätzlich ist es problematisch, wenn eine einzelne Idee, wie zum Beispiel der Freihandel, verabsolutiert und über die Realität und die Menschen gestellt wird. Wenn Freihandel im Euroraum bedeutet, dass ein nicht wettbewerbsfähiges Land kollabiert, die Menschen verarmen und das Land letztlich den Euroraum und die EU verlässt, sollte man bedenken, dass es in den EU-Verträgen auch noch andere Werte gibt, die eine gewisse Einschränkung des Freihandels, auch rechtlich betrachtet, rechtfertigen.

6. Zum Umlaufimpuls:

"Sie schlagen 8% Umlaufimpuls pro Jahr vor. Eine Geldentwertungsrate von 8% wurde historisch ja in vielen Ländern erreicht oder übertroffen. Wie hat sich das auf die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes ausgewirkt?"

Antwort: Eine hohe Inflation treibt die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes nach oben, denn die Kassenhaltung wird möglichst reduziert. Es gibt etliche große Inflationen mit rasanten Umlaufgeschwindigkeiten. Aber auch bei moderater Inflation gibt es viele nachweisbare Korrelationen zur Umlaufgeschwindigkeit. Dabei spielen time-lags und kritische Schwellen eine wichtige Rolle. So ist z.B. die Inflation Anfang der 90er Jahre in Deutschland auf 4 bis 5% angestiegen. Diese Schwelle war so signifikant, dass die Umlaufgeschwindigkeit zugenahm. Ab 1994 sank die Inflation. Aufgrund einer zunächst weiterhin bestehenden Inflationserwartung blieb die Umlaufgeschwindigkeit noch eine Weile auf einem hohen Niveau und sank dann wieder.

 

"Was sind die Vorteile des Umlaufimpulses gegenüber einer Inflation?"

Antwort: Das Problem der Inflation ist das Risiko bei der Steuerung. Es braucht sehr hohe Geldmengen, um eine Inflation von 5% zu erzeugen. Kommt die Inflation einmal richtig in Gang, kann sie in zunehmenden Raten "davongaloppieren" und ist möglicherweise nicht mehr zu bremsen. Die Inflation wird von Stimmungen, Ängsten und Erwartungen getrieben. Demgegenüber wird ein Umlaufimpuls von der Notenbank festgelegt und ist deshalb exakt kalkulier- und veränderbar. Da Griechenland in der Rezession ist, schlagen wir 8% pro Jahr vor. Bei einer wirtschaftlichen Gesundung und einer stetigen Umlaufgeschwindigkeit könnte der Wert gesenkt werden, ein Optimum könnte vielleicht bei 4% liegen.

Ein wesentlicher Vorteil des Umlaufimpulses ist, dass nur liquide Geldbestände betroffen sind, während bei einer Inflation auch alle längerfristigen Forderungen entwertet werden. Der Umlaufimpuls kostet nur ein Viertel der Inflation, wenn man davon ausgeht, dass die liquiden Bestände ein Viertel der Geldvermögen ausmachen. Es ist damit zu rechen, dass liquide Bestände in längerfristige Anlagen umgeschichtet werden, so dass der Umlauf-Impuls langfristig sogar nur ein Zehntel der Kosten der Inflation ausmachen könnte. Die Umschichtung in längerfristige Anlagen wäre volkswirtschaftlich wünschenswert, weil dadurch Kalkulierbarkeit und Stabilität entsteht.

Eine Inflation führt zu einer gesellschaftlichen Vermögensumschichtung und bevorteilt die Schuldner und benachteiligt die Sparer, also die Gläubiger. Bezieher festgelegter Einkommen wie beispielsweise Rentner, Studenten oder Sozialhilfeempfänger leiden besonders stark unter Inflation, denn sie können ihre Einkommen nicht schnell an das steigende Preisniveau anpassen. All diese Wirkungen gibt es mit dem Umlaufimpuls nicht, sondern der Staat erhält Einnahmen für gemeinschaftliche Aufgaben.

 

"Ein Umlaufimpuls führt zwangsläufig zu einer geringeren Kassenhaltung und damit zu einem geringeren Geldbedarf. Wenn dann die Geldmenge sinkt, konterkariert das nicht die angenommene Erhöhung der Umlaufgeschwindigkeit und letztlich gibt es doch nicht mehr Kaufkraft?"

Antwort: Wie sich die Umlaufgeschwindigkeit und die Geldmenge zueinander verhält kann man nicht abstrakt berechnen, sondern hängt vom wirtschaftlichen Umfeld ab. In Griechenland oder Portugal ist zur Zeit zuwenig Geld in der Realwirtschaft. Mit dem Umlaufimpuls könnte mit derselben Geldmenge mehr Nachfrage erzeugt werden. Wenn das geschieht wird sich das Geld aber nicht aus der Realwirtschaft zurückziehen, denn angesichts Verarmung, Arbeitslosigkeit und unausgelasteten Unternehmen gibt es viel Nachholbedarf.

Wenn die Bedürfnisse der Menschen und die Angebotsmöglichkeiten der Unternehmen irgendwann auf einem hohen Niveau befriedigt sind, also das volkswirtschaftliche Produktionspotenzial gut ausgelastet ist, muss darauf geachtet werden, dass die Geldmenge nicht weiter erhöht wird, damit es zu keiner Inflation kommt. Der Umlaufimpuls kann dann auf ein Niveau gesenkt werden, bis zu dem kein Absinken der Umlaufgeschwindigkeit erfolgt. In stabilen Wirtschaftsphasen könte das Optimum bei 4% liegen und die stetigte Umlaufgeschwindigkeit sorgt dafür, dass die Wirtschaftsentwicklung stabil verläuft. Da bei einem Geldsystem mit Umlaufimpuls jeder Wirtschaftsteilnehmer eine möglichst knappe Liquidität vorhält, gäbe es im Bereich der komplementären Währung kaum "Treibstoff" für die Finanzmärkte, denn diese sind auf hohe Geldmengen angewiesen, die von der Realwirtschaft in die Finanzwirtschaft abfließen. Die Einführung eines Umlaufimpulses unterbindet eine spekulative Geldschwemme.

 

"Ein Umlaufimpuls führt zwar zum schnelleren Ausgeben frisch erhaltenen Geldes, aber nicht dazu, dass man über das Jahr gesehen mehr Geld erhält. Man hat nur früher im Monat kein Geld mehr, hat aber nicht mehr Wohlstand."

Antwort: Wenn die Unternehmen mehr Umsätze haben, gibt es bezahlte Überstunden oder es werden Arbeitslose eingestellt und Lohnerhöhungen sind eher möglich.

7. Zu den volkswirtschaftlichen Wirkungen des Expressgeldes:

"Verdoppelt die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes wirklich das Bruttoinlandsprodukt (BIP)? Viele Transaktionen sind im BIP doch gar nicht erfasst."

Antwort: Das ist richtig, alle reinen Finanzgeschäfte oder der Kauf einer Immobilie gehören nicht zum BIP, Renovierungskosten dagegen schon. Im Falle von Griechenland wird sich eine Beschleunigung der Umlaufgeschwindigkeit vor allem im BIP niederschlagen, denn es gibt einen hohen unerfüllten Konsumbedarf, eine hohe Arbeitslosigkeit, eine starke Verarmung und eine hohe Nichtauslastung der Unternehmen.

In Deutschland wäre es anders. Hier hätte die Einführung eines Umlaufsimpulses vermutlich kaum Auswirkungen auf das BIP, stattdessen müßte man wegen der effizienteren Geldnutzung die Geldmenge deutlich reduzieren, um eine Inflation zu vermeiden. Der Umlaufimpuls würde also in Deutschland die Geldschwemme verringern und damit die Spekulation in den Finanzmärkten dämpfen. Da es für den Regio keine attraktiven Finanzprodukte gibt, gibt man ihn lieber aus, anstatt die Abflußbremse zu bezahlen und in Euro in der Finanzwirtschaft anzulegen. Insoweit ist der Regio mit der Realwirtschaft enger verbunden als der Euro.

 

"Dass sich mit einer Verdoppelung der Umlaufgeschwindigkeit das BIP verdoppelt, ist sicherlich falsch, jedenfalls wenn Sie das reale BIP meinen. üblicherweise würde man eher erwarten, dass sich die Preise verdoppeln."

Antwort: Inflation entsteht nicht automatisch, wenn es mehr nachfragende Kaufkraft gibt - sei es durch eine Erhöhung der Geldmenge oder eine Beschleunigung des Geldflusses. Inflation entsteht erst dann, wenn die Nachfrage größer ist als das Angebot. Erst bei einer Auslastung der Unternehmen und einem begrenzten Angebot lassen sich höhere Preise durchsetzen. Solange es viele Mitbewerber gibt, die dringend Aufträge brauchen und alles dafür tun, diese zu bekommen, steigen die Preise nicht.

Es ist ein allgemein anerkanntes und erprobtes Mittel in Rezessionsphasen mit Konjungturprogrammen den Nachfrageausfall auszugleichen. Jedoch führen schuldenfinanzierte Konjungturprogramme für die Staaten zu wachsenden Zinskosten, großen Risiken bei der Refinanzierung und sind angesichts hoher Schuldenberge heute nicht mehr möglich. Dagegen belastet der Umlaufimpuls des Expressgeldes die Staaten nicht und führt durch die Beschleunigung des Geldflusses genauso wie Konjungturprogramme zu einer Nachfragesteigerung. Dadurch entsteht aber keine Inflation, denn wir sind von einer Auslastung der Unternehmen und Vollbeschäftigung in Griechenland oder Portugal noch sehr weit entfernt. Außerdem zeigen die Erfahrungen der letzten Jahrzehnte, dass die Erhöhung der Geldmenge eher zu Finanz-, Aktien- oder Immobilienblasen führt, anstatt zu Inflation.

 

"Wenn Regios statt Euros verwendet werden, ist das nicht ein Nullsummenspiel, das wenig ändert?"

Antwort: Regios ersetzten nicht nur Euros, sondern machen mehr als Euros. Durch den Umlaufimpuls und die Abflußbremse treibt der Regio die Wirtschaft an und hält gleichzeitig das Geld im Land und wertet es gegenüber dem Euro ab. Das alles macht der Euro nicht. Aufgrund der hohen Arbeitslosigkeit und unausgelasteten Unternehmen wird sich die zusätzliche Liquidität und Wettbewerbsvorteile hauptsächlich in Wirtschaftswachstum umsetzen.

 

"Die zusätzlichen Kosten des Regios durch Umlaufimpuls und Abflussbremse werden nur zu höheren Preisen führen, so dass die Menschen zum Schluß doch nicht mehr Kaufkraft haben."

Antwort: Jedes Unternehmen kann die Kosten des Regios vermeiden, wenn es diese schnell und im Inland ausgibt. Der Umlaufimpuls und die Abflußbremse sind also keine Fixkosten, die an die Kunden weiter gegeben werden müssen. Zudem sind in einer Rezession Preiserhöhungen nicht einfach durchzusetzen. Deshalb ist es unwahrscheinlich, dass die Einführung des Regios besonders inflationär wirkt.

 

"Das Problem in Griechenland ist nicht die Nachfrage, sondern die mangelnde internationale Wettbewerbsfähigkeit."

Antwort: Das ist zu schwarz-weiß gedacht, in der Realität gibt es nicht eine Ursache, sondern immer sehr viele. Natürlich mangelt es an Wettbewerbsfähigkeit, doch kein Land kann nur vom Export leben. Damit sich Unternehmen entwickeln können, brauchen sie einen sicheren Hafen und eine funktionierende Binnenwirtschaft. In Griechenland gehen zur Zeit reihenweise Unternehmen Bankrott, da ihnen bei 22% Arbeitslosigkeit und Verarmung weiter Teile der Bevölkerung die inländischen Märkte wegbrechen. Wenn es keine Kunden gibt, hilft auch eine Steigerung der Produktivität nur wenig. Die Einführung eines staatlichen Regios treibt die wirtschaftliche Nachfrage voran, so dass sich Unternehmen wieder entwickeln können. Das Regiogeld kann ein - vielleicht entscheidender - Baustein sein, ersetzt aber keine anderen strukturpolitischen Maßnahmen.

8. Zu Regio-Krediten:

"Wieso werden die Zinsen für Regiokredite niedriger sein wie für Eurokredite?"

Antwort: Der Umlaufimpuls soll nur bei kurzfristig verfügbaren Guthaben anfallen, dagegen nicht bei Langzeit-Guthaben mit mehr als einjähriger Kündigungsfrist. So wird der Umlaufimpuls zwischen Banken und Wirtschaft geteilt, im Falle eines Langzeit-Guthabens muß die Bank 8%-Umlaufimpuls bezahlen, bei Kurzzeit-Guthaben bezahlt der Kontoinhaber. Die Banken werden also aggressiv Kredit aufgrund von Langzeit-Guthaben herausgeben, um die Zahlung des Umlaufimpulses zu vermeiden. Deshalb werden die Banken Regiokredite billiger anbieten also Eurokredite. Wie hoch der Zins für Regiokredite letztlich ist, wird sich durch Angebot und Nachfrage bestimmen.

 

"Da ja Regio eine Art nationale Währung ist, zweifle ich daran, dass Kredite billiger sind als in Euro. Das sieht auf dem Papier sehr schön aus, aber in Argentinien und andern Ländern, die aus einer Währungsunion ausschieden, gab es erstmal heftige Inflation mit entsprechend hohen Zinsen. So haben in Osteuropa ja viele Familien Sfr-Hypotheken aufgenommen und sehen sich heute ausserstande, die Raten zu bezahlen. Damit erscheint mir auch fraglich, ob die Parität zum Euro gehalten werden kann?"

Antwort: Das würde nur bei einem Austritt aus der Währungsunion oder der herausgaben einer eigenständigen zusätzlichen Währung mit freiem Wechselkurs eintreten. Doch das Expressgeld ist eben keine eigenständige nationale Währung, sondern eine Nebenwährung des Euro und direkt an diesen gekoppelt. Wenn ein Land den Regio einführt, tritt es nicht aus dem Euro aus und es gibt keine beweglichen Wechselkurse. Das ist der Unterschied zu Argentinien oder Ungarn. Die billigeren Regiokredite ergeben sich aufgrund des Umlaufimpulses.

 

"Soll es auch eine Geldschöpfung durch die Geschäftsbanken im Regio geben?"

Antwort: Durch die Bereitstellung von Krediten erhöhen die Geschäftsbanken die Menge des Giralgeldes. Da dies den Banken im Euro erlaubt ist, könnten sie auch durch Regiokredite die Regiogeldmenge erhöhen. Doch dann wären mehr Regios im Umlauf, als durch Euro gedeckt sind und das könnte das Vertrauen untergraben. Deshalb sollte eine Regioschöpfung durch die Geschäftsbanken nicht erlaubt werden, z.B. durch eine Mindestreserve von 100%. Das bedeutet, dass angesparte Regioguthaben nur einmal weiterverliehen werden können. Wenn die Banken darüberhinaus Regiokredite vergeben möchten, könnten sie bei der Zentralbank Regios gegen Hinterlegung von Euros erhalten.

9. Zur rechtlichen Zulässigkeit:

"Ist das Expressgeld nicht eine versteckte Finanzierung der Staaten, die mit die mit Maastricht, Lissabon und EZB-Statut nicht vereinbar ist?"

Antwort: Nein, denn die Zentralbank wechselt dem Staat nur Euro gegen Regio, vergibt ihm aber keinen Kredit.

 

"Wo finde ich die E-Geld-Richtlinie der EU?"

Antwort: In der E-Geld-Richtlinie wird ein Nebengeld zum Euro gesetzlich geregelt. Das Expressgeld ist zwar kein E-Geld in diesem Sinne, dennoch können einige Parallelen gezogen werden. Hier der Link: eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do

10. Zum Regio als Bar- und Girogeld:

"Soweit ich es begreife wäre die Einführung von Regio-Girokonten die ebenfalls mit 8% Umlaufimpuls belastet sind sowie die Abflussbremse nicht erforderlich. Ich gehe davon aus, dass das bare Geld des staatlichen Regios die Lage allein in den Griff bekommen würde. Einfach weil das Regio-Bargeld sowieso im Lande bleibt, und bei etwaigem Aussenhandel auch von Ausländern wieder im Regioraum ausgegeben wird, in allen Fällen. Und der entscheidende Umlaufimpuls wird von daher kommen."

Antwort: Das ist ja ein großes Theoriethema, das bereits bei Gesell anfängt und in den Positionen von Buiter versus Fukao gipfelt. Die große Frage ist die nach den Verdrängungs- und Ausweicheffekten. Wenn man nur Bargeld besteuert, findet eine "Flucht" in Giralgeld statt. Wenn man diese beiden besteuert, kommt die Flucht in Tagesgeld, usw.. Die eine Theorie sagt, dass es ausreicht, das Bargeld zu besteuern und dann wird es marktmäßig auf die anderen Liquiditätsmittel in einer Art automatischer Transmissionsmechanismus umgesetzt. Die andere Theorie sagt, dass man alle kurzfristigen Liquiditätsmittel erfassen muss. Die zweite Problematik ist dann der Ausweicheffekt ins Ausland: Zur Vermeidung wird in ausländisches Guthaben gewechselt. Hierfür ist die Abflussbremse gedacht, so dass ein Gefälle zwischen In- und Ausland entsteht.

Praktisch lassen sich solche Effekte äbrigens feststellen: Um beim Chiemgauer der Bar-Aufwertung aus dem Weg zu gehen, zahlen Unternehmer ihre Guthaben auf Regiogeldkonten ein. Um dort keine Gebähren zu haben, werden die Guthaben spätestens innerhalb von 3 Monaten weitergegeben. Es gibt aber einige Unternehmer, die vergessen die Giralguthaben. Wenn dann ein paar Rechnungen gekommen sind, werden diese wach und geben das Geld aus.

Dass nun das Guthaben auf der anderen Seite zu Kredit führt, ist in der Theorie immer 1 zu 1 (Sparen = Investieren). In der Praxis spielt jedoch die Zeit herein (time lags). Die GLS-Bank hatte zum Beispiel letztes Jahr ein paar hundert Millionen zu viel Guthaben, weil keine Kreditnachfrage da ist (bzw. keine, die der Bank sicher genug erscheint). Nun verleiht die GLS-Bank das Geld weiter zum Beispiel an eine Landesbank. Da kommen nun die Finanzmärkte ins Spiel, die einen großen Bedarf an kurzfristigem liquidem Geld haben. Hier wird das Geld täglich in einer hohen Umlaufgeschwindigkeit umgesetzt, ohne dass ein einziger Cent reale Wirtschaft stattfindet. Es wäre mal interessant zu wissen, wie groß die time lags sind. Ich glaube, dass das fast schon unendlich große und lange schwarze Löcher sind, die immer mehr Liquidität absorbieren.

Mit der Kombi Umlauf-Impuls und Abflussbremse wird das Geld in die "Realwirtschaft" eingesperrt und unter Druck gesetzt.

11. Ergänzende Vorschläge von Jens Martignoni:

FleXibles - Wirtschaftsforschung und Entwicklung, Zürich:

PDF 2 Seiten

Wilhelm Busch:

Wer anderen etwas vorausgedacht
wird jahrelang erst ausgelacht.
Begreift man die Entdeckung endlich
so nennt sie jeder selbstverständlich.